8.10.2014 Wandersleben - Erfurt



Aus Wandersleben kann ich nicht weg, ohne vorher mit Heike noch auf die Burg Gleichen zu steigen. Die Mühlburg sehe ich aus anderer Perspektive, die Autobahn von oben. Ich sehe auch von hier einen Elefant in der alten Ruine. Das wunderschöne Freudental unterhalb der Burg. Hier lebte der Sage nach der "zweibeweibte" Graf von Gleichen. Der Weg geht an der Apfelstädt entlang Richtung Erfurt. Und dann ein ganz schöner Wanderweg entlang der Gera, der in dem Dreibrunnenpark mündet. 

Mario, in einem Dorf bei Mühlhausen aufgewachsen und Anne aus Freiberg leben seit vier Monaten in Erfurt. Beide haben Germanistik in Leipzig studiert. Er ist freischaffender Autor und sie berufstätig in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Zur Wende waren sie 2 bzw. 4 Jahre alt. Mario wurde 1992 eingeschult und die vormilitärische Erziehung aus DDR Zeiten war immer noch spürbar. Sport frei. Der Größe nach antreten. Hände an die Hosennaht. Vormittags wurde der Film "NAPOLA" gezeigt und am Nachmittag das alte autoritäre Verhalten im Sportunterricht angewendet, sagte Anne. Die Väter haben Drill und Gehirnwäsche in der NVA erlebt. Neue pädagogische Konzepte entwickelten sich erst im Laufe der Zeit. Mario ist im Gegensatz zu seinem Bruder aus dem Dorf weggegangen. Ein DDR Mythos, der von Solidarität und Gemeinschaft erzählt, funktioniert hier nicht mehr. Alte Märchen. Die Leute sind eher niederträchtig und zänkisch. Verstecken sich hinter Scheuklappen. Leipzig offenbarte neue kulturelle Angebote und Anonymität ohne Kontrolle und Dorfenge. Vielfältige Möglichkeiten, sich neu auszuprobieren. Studium. Freunde. In der neuen Wohnung gibt es 2 Sofas, damit die Freunde zu Besuch kommen können. Heute stehen die jungen Leute wieder auf Schrebergärten und Selbstversorgung. Anne wünscht sich eine traditionelle Zweierbeziehung und möchte nicht immer umziehen. 

Heute steht die Welt scheinbar offen durch Internet und Yetset. Freiheit überfordert auch. Die Erwartungen der Eltern an die junge Generation, die Möglichkeiten und Chancen, etwas aus sich zu machen. Sie selbst können keinen Ratschlag geben. Sie hatten nicht die Freiheit zur Selbstverwirklichung. Wurden in der DDR fremdbestimmt. Die Folgegeneration kann sich eigene Rahmen bauen und sucht gleichzeitig auch Halt. Aus dem Zwang der Vielfalt und der Angst vor falschen Entscheidungen entflieht man in das Vertraute und Altbewährte. Der Schrebergarten mit Bude und Zaun. Vintage in den Gemüsebeeten.

SOLJANKA
nach einem Rezept von Mutti:
Jagdwurst, Fleischwurst oder Bockwurst (mind. 6 bei 4 Pers.) vorher anbraten
2 Zwiebeln
2 Paprikaschoten
1 Tube Tomatenmark (mit Wasser ablöschen)
Tomaten in der Dose (stückig scharf)
1 Glas Letscho (noch etwas klein schneiden)
5 Gewürzgurken
Zum Schluss mit Salz, Pfeffer und Paprika würzen.